Wind und Mensch

Rahmen und Recht

«Vielfältige gesetzliche Rahmenbedingungen wie die Lärmschutzrichtlinie, Abstands- und Immissionsschutzregelung sowie diverse technische Lösungen steigern die Akzeptanz in der Bevölkerung.»

Angst vor einem ungesteuerten Zubau brauchen Bürger und Bürgerinnen nicht zu haben, denn auch in Zukunft werden nicht mehr als ein Prozent der Thüringer Landesfläche als Windstandorte genutzt werden. Dies ist seit Ende 2018 in § 4 des Thüringer Klimagesetzes (ThürKlimaG) geregelt. Als Standort kommt zudem nur in Frage, was in den vier Regionalplänen Thüringens als Vorranggebiet für Windenergie ausgewiesen wurde und einer ausführlichen Prüfung standhält. Für Windenergieanlagen in Thüringen bis einschließlich 150 m Gesamthöhe wird ein Abstand von mindestens 750 m, bei über 150 m Höhe mindestens 1.000 m Abstand zur Wohnbebauung empfohlen. Neben den Abständen zu Wohngebieten und Verkehrswegen, Gewässern, Natur- und Landschaftsschutzgebieten, Militärbasen, Flughäfen oder denkmalgeschützten Bauwerken müssen die lokalen Windverhältnisse stimmen. 1 2

Windräder in der Nähe von Wohngebieten können aufgrund von optischen Reizen gelegentlich als störend empfunden werden. Die roten Blinklichter (Befeuerung) an den Windenergieanlagen sind Pflicht, um Flugzeuge und Helikopter vor Hindernissen dieser Art zu warnen. Derzeit sind diese bei Dunkelheit dauerhaft aktiv. In vielen Windparks gehen die Lichter aber nur noch an, wenn es auch tatsächlich nötig ist. Radarsensoren überwachen dort die Umgebung der Windenergieanlagen und stellen eine bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung sicher. 3 Im EEG wurde festgelegt, dass kennzeichnungspflichtige Neu- sowie Bestandsanlagen bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung verpflichtend installieren müssen. Die Bundesnetzagentur hat für diese Umrüstung eine Fristverlängerung bis zum 30.06.2021 festgelegt.4


Quelle: BWE: Wind bewegt, 2018

Bürger und Beteiligung

«Bürger konsumieren nicht nur sauberen Strom, sie produzieren ihn inzwischen selbst.»

Laut der Forsa-Studie „Stimmungsbild Windkraft in Thüringen“ im Jahr 2018 sehen 73% der über 1.000 Befragten die Nutzung und den Ausbau von Windenergieanlagen im Binnenland als „sehr“ bzw. „eher“ wichtig in Thüringen. Befindet sich in Wohnortnähe (in 600 – 5.000 m Entfernung) ein Windrad, so sinkt dieser Anteil auf 68%. Mehr als die Hälfte der Befragten, in deren Wohnortnähe sich bisher keine Windräder befinden, haben gegenüber einem Neubau weniger große oder gar keine Bedenken. Besonders jüngere Menschen äußern weniger Bedenken. 5

Bürger können sich formell (z.B. obligatorische Bürgerbeteiligungen) sowie informell (z.B. Webseiten, Diskussionsrunden, Konferenzen) an Verfahren beteiligen. Zudem ist eine finanzielle Teilhabe möglich. Dabei wird zwischen der aktiven und passiven Teilhabe an Windenergieprojekten unterschieden. Die Beteiligung und Teilhabe der Bürger schafft neben der regionalen Wertschöpfung Akzeptanz und Unterstützung für Windparks in Thüringen.

Das BMWi hat dazu einen Entwurf zu einem Eckpunktepapier veröffentlicht, wodurch die Akzeptanz durch regionale Wertschöpfung erhöht werden soll. Dabei sollen Kommunen wie auch Bürgerinnen und Bürger in Zukunft finanziell an den Erträgen der Windenergieanlagen beteiligt werden.6


Quelle: BWE: Wind bewegt, 2018

Weiterführende Links: www.buergerenergie-thueringen.de

Arbeitsplätze

«Im Jahr 2018 waren deutschlandweit 140.800 Menschen, in Thüringen 3.000 direkt oder indirekt in der Windbranche beschäftigt – darunter Ingenieure, Techniker, Mechaniker, Planer und Logistiker. Weltweit arbeiten sogar 1,16 Millionen Menschen im Bereich Windenergie.»7 8

Die Windbranche hat 2019 so wenige Windenergieanlagen zugebaut wie zuletzt vor Einführung des EEG, lediglich 325 neue Anlagen wurden errichtet, 2017 waren es noch 1.792 Anlagen. Dieser Negativtrend wirkt sich auch auf den Arbeitsmarkt aus. Wenn sich diese Entwicklung so weiter fortsetzt gehen 25 % der Arbeitsplätze in Deutschland laut BWE verloren. Im politischen Rahmen werden verschiedene Möglichkeiten zur Schaffung von Akzeptanz und regionaler Wertschöpfung diskutiert, unter anderem der Mindestabstand sowie Bürger- und Kommunenbeteiligung. Gleichzeitig sollten die Rahmenbedingungen so gestaltet sein, dass neben Akzeptanzanreizen auch die Investitions- und Planungssicherheiten für solche Vorhaben gestärkt werden, ein Abbau von Arbeitsplätzen vermieden wird sowie fachliches Knowhow erhalten bleibt.9


Quelle: BWE: Wind bewegt, 2018

Gesundheit

«Verschiedene Studien und Gutachten entkräften die Befürchtung, dass Windräder in der Nähe von Wohngebieten einen Einfluss auf die Gesundheit haben können.»

Eine Langzeitstudie des technischen Forschungszentrums Finnland (VTT) bestätigt die bisherigen Studien des Deutschen Naturschutzbundes und verschiedener Landesämter für Umwelt, dass der Infraschall von Windenergieanlagen keine Auswirkung auf die Gesundheit des Menschen hat. 10

Auf gleiche Schlussfolgerungen kommt auch eine Studie des Umweltbundesamtes.

Wie böiger Wind, die Meeresbrandung oder fahrende Autos erzeugen auch Windkraftanlagen Schall mit sehr niedrigen Frequenzen (unter 20 Hertz), sogenannten Infraschall. Diese Frequenzen sind für den Menschen normalerweise nicht wahrnehmbar.

Dennoch befürchten einige Anwohner, dass sie durch Infraschallbelastung krank werden könnten. Obwohl Forscher die vermeintliche Ursache-Wirkung-Beziehung zwischen Windkraft und dem Auftreten von Krankheiten nicht nachvollziehen können, gibt es Menschen, die unter Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Übelkeit leiden. Diese Beschwerden sind real und müssen ernst genommen werden.

Experten führen das sogenannte „Windturbinensymptom“ auf den Nocebo-Effekt (ähnlich wie der Placebo-Effekt) zurück. Demnach erkranken Anwohner nicht an akustischen oder optischen Signalen der Windenergieanlage, sondern an der Befürchtung, dass diese gesundheitsschädlich sein könnten. Hier sind weitere Aufklärungsarbeit und Forschung dringend notwendig. 11


Quelle: BWE: Wind bewegt, 2018